Gibt es wirklich genügend Jugendschutz?

PC und Tastatur auf dem Boden, links davon das Puppen-Kind, rechts davon die Puppenmutter

Minderjährige können mitzocken

In der Vorberichterstattung zum Entwurf eines neuen Glücksspielländerstaatsvertrag hatte diese Seite berichtet, dass ein besonderer Schwerpunkt auf Jugendschutz gelegt werden soll. Das scheint auch besonders dringlich, wenn man einem Artikel in den “Kieler Nachrichten” vom 21.01.2020, Seite 6 folgt. Die Zeitung hatte über Tests von Verbraucherschützern der Verbraucherzentrale Bayern berichtet.

Test der Verbraucherschützer deckt auf: Das tatsächliche Alter wird bei Onlinewetten nicht überprüft

Glücksspiel im Internet ist eine heikle Angelegenheit. Vieles geschieht in einer rechtlichen Grauzone. Onlinecasinospiele sind in allen Bundesländern verboten – außer in Schleswig-Holstein, das dafür im Alleingang Lizenzen vergeben hat. Wer sich aus welchem Bundesland anmeldet, wird aber nicht überprüft, sagen Verbraucherschützer. Das Netz kennt keine Grenzen. Onlinesportwetten wiederum sind derzeit rechtlich geduldet. Um Wirrwarr und Unsicherheiten zu beenden, ist eine Neufassung des Glücksspielstaatsvertrags in Arbeit, über die die 16 Bundesländer noch in diesem Jahr entscheiden wollen. Hinter den Kulissen wird heftig gestritten, ist zu vernehmen. Konsens ist aber, dass Minderjährige online keinen Zutritt zu Glücksspielen haben dürfen. Das gilt zwar auch heute schon, möglich ist es trotzdem.

Das legt zumindest eine Untersuchung der Verbraucherzentrale Bayern nahe. Dort wurde getestet, ob Onlinewettanbieter bei der Anmeldung das Alter auch wirklich prüfen. Einhelliges Ergebnis: „Das tatsächliche Al ter wurde bei keiner einzigen der fünf getesteten Internetseiten überprüft“, sagt Verbraucherschützerin Tatjana Halm. Versucht haben es ihre Kollegen bei namhaften Anbietern wie Tipico und Bet-at-home. Bei Testanmeldungen habe man auch ungeprüft Geld einzahlen und Wetten platzieren können. Bezahlt wurde dabei mittels Paysafe-Karten. Deren Erwerb sollte eigentlich auf Erwachsene beschränkt sein. „Bei unserem Testkauf wurde kein Ausweisdokument verlangt“, erklärt Projektleiterin Juliane von Behren. Erwerben kann man solche Karten im Handel, der bei der Altersprüfung offenkundig ebenfalls versagt. Altershürden könnten damit auf allen relevanten Ebenen leicht umgangen werden, folgert von Behren.

Beim Anmelden auf den Seiten von Onlinewettanbietern reicht einfach die Angabe eines falschen Geburtsdatums. Das bestreiten zwei der fünf getesteten Onlinewettbüros. Die drei anderen haben auf Anfragen nicht geantwortet. Widerspruch angemeldet haben Tipico und Bet-at-home. „Jugendschutz besitzt bei Tipico höchste Priorität“, erklärt ein Unternehmenssprecher. Bei jeder Anmeldung müssten sich Nutzer als geschäftsfähige Personen identifizieren und bestätigen, dass sie mindestens 18 Jahre alt sind. Dafür gebe es mehrstufige Sicherungsmaßnahmen sowie Abgleiche der Anmeldedaten mit Wirtschaftsauskunfteien, Identitätsdatenbanken oder Sperrdateien. Bet-at-home äußert sich sehr ähnlich. Eine eigene Abteilung überprüfe laufend die Rechtmäßigkeit von Kundendateien, wird beteuert. Sollte sich dabei herausstellen, dass Minderjährige gesetzeswidrig gezockt haben, würden sämtliche Transaktionen rückabgewickelt.

Die Verbraucherschützer widersprechen. „Welche mehrstufigen Sicherungsmaßnahmen bei Tipico greifen, können wir nicht nachvollziehen“, sagt von Behren. Eine tatsächliche Überprüfung des Alters finde im Rahmen der Registrierung jedenfalls nicht statt. Mit einem falschen Geburtsdatum könne sich jeder anmelden und hätte dann im Übrigen nicht nur Zugriff auf Sportwetten, sondern auch auf Onlinecasinos. Ein Minderjähriger könne damit unproblematisch Zugang zu allen Angeboten erhalten und Geld einsetzen. Nur gewinnen könne er nicht. Denn eine Überprüfung des Alters gebe es schon, aber erst bei Gewinnern. Dann werde Minderjährigen eine Ausschüttung verweigert.

Sündige Glücksspielanbieter vor den Kadi zu zerren sei indessen kaum möglich. Die Anbieter hätten ihren Sitz meistens in Ländern wie Malta, Gibraltar oder den Seychellen.

Soweit diese Sachstandsanzeige – vielleicht wird ja alles besser, wenn es den neuen Glücksspielstaatsvertrag gibt. Bis dahin können wir hier unbesorgt Lotto, Glücksspirale und EuroJackpot spielen:

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